Montag, 28. November 2011

Vietthao

Bekanntlich bin ich im Winter (und eigentlich zu jeder Jahreszeit) ein bekennender Suppenkasper. So ein Supperl liegt nicht im Magen, verströmt wohlige Wärme, macht satt und ist unendlich wandlungsfähig. Im Winter liebe ich besonders den vietnamesischen Phò, den ich hier an anderer Stelle schon einmal vorgestellt habe.

Letzte Woche war ich schrecklich verkühlt und träumte von Phò. Ich erinnerte mich von einem neuen kleinen Vietnamesen gelesen zu haben. Kurzes Gegoogel später hatte ich das Vietthao am Karlsplatz auch schon lokalisiert.

Das Lokal ist etwas karg und ein kleiner Nachteil sind leider die alten Glasfronten, die die Kälte ungebremst in den Speisesaal lassen. Überall sonst wäre das ein Problem, aber im Vietthao wird ja Phò serviert, der einen von Innen wunderbar wärmt, während einen die Kälte an der Nasenspitze frösteln lässt. So ein bisserl Nasengefröstl ist - finde ich - ok.

Zurück zum Phò: Der Phò ist großartig. Die emsige Köchin kocht die Knochen und einen Tafelspitz aus (ich habe natürlich nachgefragt). Der Tafelspitz wird wunderbar mürbe während des stundenlangen Kochens. Serviert wird der Phò mit den üblichen Einlagen (Reisnudeln, Sojasprossen, Minze, Basilikum, Limette). Natürlich werden auch dünne, rohe Rindsfiletscheiben in die fertige Suppe gelegt und garen in der heißen Suppe genau auf den Punkt. Zusätzlich (und das war mein persönliches Highlight!) legt die Köchin auch noch Scheiben von diesem köstlichen Tafelspitz auf den Teller. Hui, der ist so gut, dass man die Filetscheiben eigentlich links liegen lassen möchte.*

Also, wenn einen das nächste Mal eine vorweihnachtliche Verschnupfung plagt, so wäre das Vietthao als erste Rettungsmaßnahme durchaus empfehlens- und andenkenswert.

Ahja, die Verabschiedung und Begrüßung durch das junge Besitzerpaar ist besonders herzlich und nett!

*Anmerkung: ich bin kein Fleischexperte: vielleicht ist es kein Tafelspitz, sondern ein Schulterscherzerl oder so. Jedenfalls ist es wunderbar mürbes Rindfleisch.

Samstag, 26. November 2011

Paris November 2011

Blick von der Orangerie auf den Eiffelturm

Paris im November ist eine mutige Entscheidung. Die Wahrscheinlichkeit für ein nebelig- feuchtes Wetter ist recht hoch. Umso besser wenn man eines dieser fantastischen Herbstwochenenden in der „Capitale“ verbringen darf. Satt-blauer Himmel, Blätter in allen erdenklichen Herbstfarben, tiefe Sonnenstrahlen, die herbstliche Wärme und wunderschönes Licht spendeten. Ach Paris, du Wunderschöne!

Bei der morgendlichen Joggingrunde im Parc Monceau kann man den Herbst in seiner vollen Pracht genießen. Die bunten Blätter werden vom Wind langsam zu Boden geschaukelt. Manche fallen verspielt und schnell (Birke) und manche segeln elegant und zielstrebig zu Boden (Platane). Dazwischen laufen bezaubernd französisch aussehende Kinder oder fahren mit Trittrollen um die Wette.

Nach soviel Frischluft stärkt man sich am Besten am Marché Batignolles (Samstag bis 13Uhr). Hier ist alles bio und das Publikum hat (im Vergleich zum Bio Markt „Marché Raspail“) schon einen leichten Montmatre Einschlag. Ich frühstücke Galettes Oeuf-Fromages. Die angebotenen Galettes sind so gut, dass ältere Damen extra vorbei kommen um sich ungefüllte Galettes nach Hause mitzunehmen. Und auf ältere Damen ist bekanntlich Verlass!

Blick von der Brücke auf den Cimitière Montmatre

Zu Fuß kann man dann gemütlich am Cimitière Montmatre vorbeispazieren und gelangt zum feschesten Bäcker von Paris „Gontran Cherrier“. Der Mann sieht nicht nur unglaublich gut aus. Nein! Er kann auch richtig gut backen. Tarte au Citron (wunderbar!), Croissant (super blättrig!), Pain d’Amandes (sehr fein). Ich persönlich finde seine gefüllten Weckerl am besten. Das Brot ist perfekt auf die Füllung abgestimmt. So hat das Lachsweckerl z.B. Anis im Teig, was wunderbar harmoniert.

Blick in die Vitrine bei Gontran Cherrier

beim Fleischer

Ein Besuch bei Pierre Hermé ist unumgänglich. Für mich macht er die unangefochten besten Macarons in ganz Paris (lasse mich jederzeit gerne vom Gegenteil überzeugen). Derzeit gibt es unter anderem wunderbare Crème Brulée Macarons und Mandarinen Macarons. Ein Gedicht!

Am Abend quetscht man sich ins L’Avant Comptoir und genießt das Gefühl einer Sardine in der Dose während man ein Gläschen Rotwein schlürft und sich an Ziegenkäse, Blutwurst Macarons und anderen Köstlichkeiten erfreut.

Wer noch Energie hat besucht die Cocktailbar mit den freundlichsten Türstehern Paris: „Experimental Cocktail Club“. Hier wurde das Mixen zur Kunst erhoben. Wer einen Cosmopolitan bestellt erntet verstörte Blicke. Die Cocktail Karte ist klein und sehr fein, die „Mixologists“ sind unendlich freundlich und aufmerksam, die Preise sind unerklärlich moderat und die Schlange vor der Bar ist leider sehr lang.

Die Nacht ist überstanden, das Frühstück wurde dem Magen zu Liebe ausgelassen. Zur späten Mittagszeit knurrt der Magen, man hat deutlich mehr Budget übrig, als ursprünglich erwartet und sehnt sich nach ultra französischer Atmosphäre und Speisen. Ab ins Chez Benoit. Das Bistro gehört zum Imperium von Alain Ducasse. Hier ist Frankreich genau so wie man es sich vorstellt. Man sitzt recht beengt, das Porzellan ist hinreißend, die Freundlichkeit der Kellner muss man sich erarbeiten, die Butter ist fantastisch, die Preise kann man nur nach einem Glas Champagner so richtig gut verdauen, aber es lohnt sich. Die Foie Gras ist sehr gut, das Brioche ebenso, zur Hauptspeise ein wunderbares Steak und zum Dessert noch eine großartige Tarte Tatin mit Bratapfeleis. Dazu wird eine kleine Milchkanne gebracht aus der richtig gute Creme Fraiche auf den Teller fließt. Zum Kaffee werden noch frisch gebackene (ich meine richtig frisch gebacken) Madeleines serviert. Nicht das günstigste Essen in Paris. Aber eines der schönsten.

man beachte das Service

Tarte Tatin mit Crème Fraiche See

Und dann ist die Zeit schon wieder viel zu schnell verflogen. Am Weg zum Flughafen
überwiegt die Trauer über die Abreise und nur der Duft des Käses im Handgepäck lässt noch letzte Paris-Gefühle entflammen.